Mit dem «Observer», einer schweizweiten qualitativen Befragungen unterschiedlicher Experten und Expertinnen, entwirft ZEM CES ein belastbares Bild der für Mittelschulen relevanten Trends. Diese werden erfasst, dargestellt und vermittelt:

  • Erfassen: Wir befragen Expertinnen und Experten zu Mittelschul-Trends, um ein belastbares Bild zu erhalten.

  • Darstellen: Wir stellen die Trends auf einer Themen-Landkarte dar, um der Mittelschul-Gemeinschaft einen Überblick zu bieten

  • Vermitteln: Wir verbreiten die Landkarte, um Diskussionen zu fokussieren und eine schweizweite Reflexion von Mittelschul-Trends zu fördern. Die Diskussionsergebnisse fliessen in die Weiterentwicklung der Landkarte ein. Die Themenlandkarte ist dynamisch und wird ständig weiterentwickelt.

Aktuell

Wie sieht die Mittelschule von morgen aus?

ZEM CES sucht und zeigt Mittelschul-Trends

ZEM CES hat 16 Expertinnen und Experten befragt. Unter anderem danach, was in acht Jahren anders sein werde. Eine radikale Zäsur wird in diesem Zeithorizont nicht erwartet. Bildung werde auch in acht Jahren noch ein individueller Reifeprozess sein, der auf eine Horizonterweiterung, auf Studierfähigkeit und eine Orientierungsfähigkeit in der Welt ziele.

Grosse Einigkeit besteht darüber, dass Mittelschulbildung Werte zu vermitteln hat. Die Schweizer Mittelschule sei bereits sehr offen gegenüber gesellschaftsrelevanten Themen und müsse es bleiben. Die Stärkung des Bürger- und Gemeinschaftssinns ist ein Trend in der Mittelschule. Die Schule könnte zum wichtigsten Anker des gesellschaftlichen Zusammenhalts werden (während andere Institutionen diese Ankerfunktion verlieren).


Landkarte, Stand Juli 2020

Die Landkarte in der Version vom Juli 2020 ist der Entwurf von ZEM CES, der in den Interviews mit Expertinnen und Experten besprochen wird. Dieser Entwurf wird im Anschluss der Interviews umgestellt und ausgebaut.

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Spotlight

Wichtige Themen für die Entwicklung der Mittelschulen

Heterogenität

Eine sich akzentuierende Herausforderung ist dabei die Chancengerechtigkeit auf Mittelschulbildung. Schulen haben eine wichtige Aufgabe in Bezug auf soziale Aufstiege und sollen nicht Orte sein, an denen sich lediglich gewisse Milieus reproduzieren. Die Mittelschulen sind nach Einschätzung aller Expertinnen und Experten zu wenig heterogen.
Talentierte Schülerinnen und Schüler aus fremdsprachigen oder nicht akademischen Haushalten finden seltener den Weg insbesondere an die Gymnasien und in  ländlichen Gebieten bleibt der Weg ans Gymnasium vielen zu oft versperrt. Urbane Zentren sind privilegiert bei der Verteilung von Bildungschancen. Zu wenig heterogen sei auch der Lehrkörper an Mittelschulen. Der Druck auf die Mittelschule werde diesbezüglich zunehmen.


Vergleichbarkeit und Qualitätsentwicklung

Auch finanziell werde der Druck zunehmen, dies steigere gesellschaftliche Erwartungen nach Verwertbarkeit des Wissens und Könnens der Mittelschülerinnen und Mittelschüler, zum Beispiel in der Legitimierung der Studierfähigkeit. Der Anspruch nach Vergleichbarkeit von Leistungen von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten könnte wieder zunehmen. Im föderalen System der Schweiz ist dieser Anspruch einerseits mit Misstrauen und Befürchtungen nach technokratischen Fehlentwicklungen und Übersteuerung verbunden, anderseits sei der Anspruch nach Vergleichbarkeit in den Schulen als politisch wichtiges und berechtigtes Anliegen angekommen. Der gemeinsame Nenner heisst «Verbindlichkeit» (versus «Vergleichbarkeit») und «schweizweiter Dialog» (versus «einheitliche Wege»). Der Schweizer Königsweg ist die freiwillige Zusammenarbeit, bzw. ein gewisser Druck zur freiwilligen Zusammenarbeit. Es brauche vergleichbare Kriterien für Qualität an Schulen, Fachschaften, die abgleichen und Instanzen, die Vergleichbarkeit über gemeinsame Verfahren und Modelle garantieren. Anstelle einer einheitlichen Maturaprüfung brauche es mehr interkantonale Kooperation in Form von gemeinsamen Debatten und Zielen. Diese würden das gesamte Gymnasium stärken. Einzelne Experten wären bei Kardinalfächern (insbesondere Mathematik) und bei basalen Kompetenzen darüber hinaus auch offen, Vergleichbarkeit nicht nur über gemeinsame Verfahren, sondern zum Beispiel durch die Evaluation der Schülerleistungen herzustellen.


Schul- und Unterrichtsentwicklung

Alle Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass sich die Rolle der Lehrpersonen ändert. Lehrerinnen und Lehrer werden motivierende Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter. Was bleibt ist deren Vorbildfunktion sowie deren grosse Fachexpertise. Unterricht wird problemorientierter, heterogener und hybrider. Fachinhalte werden stärker kontextualisiert. Lernen wird verstehensorientierter, schwerpunktlastiger und individueller. Expertinnen und Experten fordern grössere «Unterrichtsbögen» oder offenere Aufgaben. Der Trend führt weg von partialisierten Stundenplänen hin zu grösseren Unterrichtseinheiten und flexibilisierten Stundenplänen. Es hängt daher viel davon ab, wie Lehrerinnen und Lehrer in Fachschaften kooperieren. Dies bestimmt die Unterrichtsqualität massgeblich. Kooperation ist Voraussetzung für integrales Lernen und fördert die Qualität des Unterrichts. Gegenwärtig machen sie das immer häufiger im Rahmen des gemeinsamen Prüfens und Vorbereitens. Künftig dürften Fachteams aus drei Lehrpersonen drei Klassen betreuen, anstatt eine Fachlehrperson eine Klasse. Lernumgebungen lösen die heute vorherrschende Addition verschiedener Fächer ab. Allgemeinbildung wird stärker kontextualisiert und im Verlaufe der Mittelschulbildung finden mehr selbständige Arbeiten und Projektarbeiten statt.Differenzierter Unterricht ermöglicht individuelle Wege, aber die Organisation in Klassen oder Abteilungen wird nicht stark in Frage gestellt, da sie den Schülerinnen und Schülern ein Zuhause gebe. 


Digitalisierung

Die Digitalisierung fordert die Mittelschulen insofern heraus, als sie ein Instrument werden muss, Gesellschaft zu interpretieren und zu deuten. Mittelschulbildung ist ein Labor für junge Menschen, Gesellschaft zu lernen und analysieren. Dabei spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle. Schülerinnen und Schüler müssten lernen, mitzureden, auch bei der Digitalisierung der Gesellschaft und bei der digital unterstützten Analyse gesellschaftlicher Phänomene.

Digitalisierung wird unter anderem als Hilfsmittel, oder auch als neu erforderliche Kompetenz für Schülerinnen und Schüler und Lehrpersonen verstanden. Die erste Auffassung von Digitalisierung wird nicht mehr als Trend angesehen. 

Das künftige Transformationspotenzial der Digitalisierung für die Schule wird von einigen relativiert. Digitalisierung bringe vor allem grosse Umbrüche für die Wirtschaft und daher neue schulische Anforderungen im Hinblick die Studierfähigkeit. Sie werde aber das didaktische Fundament nicht ändern, weil sie wenig Einfluss darauf habe, wie das menschliche Hirn Wissen aufbaue. Es werde neue auf didaktische und methodische Möglichkeiten geben, zum Beispiel durch den Einsatz von «virtual reality» zur Veranschaulichung von Phänomenen. Das werde gegenwärtig noch kaum genutzt an Mittelschulen.Zum Teil werde die Digitalisierung auch mit falschen didaktischen Versprechen und überrissenen Hoffnungen verbunden. Widersprüchliche Trends wie Standardisierung in der Bildung einerseits und die Individualisierung der Bildung anderseits, liessen sich auch durch Digitalisierung nicht einfach lösen. 

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Marcel Santschi

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